Was ist Selbstbewusstsein? Gefühl und Wille als Rätsel des Menschen

Jahrbuch für Goetheanismus 2017, 2017, P.205-280 | DOI: 10.18756/jfg.2017.205

Zusammenfassung:

Die Dreigliederung des Menschen und des Universums ist die wissenschaftlich fruchtbarste Idee der Anthroposophie, weil sie die Möglichkeit eröffnet, die Abhängigkeiten der Seelischen Wesenheit des Menschen sowohl von der Physischen als auch der Geistigen Welt zu erfassen. Ihre fruchtbare Handhabung bietet aber zugleich auch größere Schwierigkeiten als die meisten Ideen des zwanzigsten Jahrhunderts, weil der eine Pol dieser Abhängigkeiten eine Erkenntnis der unterbewussten Regionen des Menschcnwesens erfordert. Wir dürfen also nicht glauben, eine Unterscheidung der drei Seelentätigkeiten des Menschen in Denken, Fühlen und Wollen erfordere deren Trennung. Das Gegenteil ist sogar der Fall: Nur ausnahmsweise treten die drei Tätigkeiten der menschlichen Seele getrennt in die Erscheinung, sondern zumeist wirken sie gemeinsam, jedoch jeweils in sehr unterschiedlicher Zusammensetzung. Andererseits enthält die Dreigliederungsidee einen neuen Substanzbegriff, der ein Ausweg aus dern Substanz-Dualismus des cartesianischen Weltbildes und die Grundlage des anthroposophischen Willensbegriffes ist. Am Beispiel des menschlichen Selbstbewusstseins, das von Rudolf Steiner lapidar als ein Willensprozess gekennzeichnet wird, kann bis in die Einzelheiten hinein gezeigt werden, wie in jeweils sehr unterschiedlicher Zusammensetzung der Willensprozess mit dem Denken und Fühlen des Menschen zusammentritt. Dabei wird auch deutlich, dass die Diskussion darüber, ob der menschliche Wille »frei« ist, noch längst nicht beendet ist. Wir müssen also lernen, dieser Frage weiterhin mit einem umfassenden Welt- und Menschenverständnis gegenüberzutreten.

Referenzen

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